von Hartwin Zechmeister
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11. Mai 2021
Unsere Bienenvölker mussten sich in diesem nasskalten und winterlich-frostigen März etwa drei Wochen meist wieder zu einer Wintertraube zusammenziehen. Leider konnten sie dann weder fleißig Pollen und Wasser sammeln noch ihre im Vormonat angelegten ausgedehnten Brutnester ausreichend pflegen, so dass sich die Volksentwicklung verlangsamte. Bei dem langen Dauerfrost kam es auch in vielen Fällen zum Futterabriss, Ausfressen jüngster Brutstadien als Eiweißpuffer und Pollenersatz bzw. Verlassen der Brut. Diese schlechten Bedingungen und der gestörte Arbeitsablauf können besonders bei schwächeren Völkern zu Krankheiten wie Nosema führen und die weitere Volksentwicklung noch wochenlang beeinträchtigen. Da der erbliche Einfluss der Königin den größten Einfluss auf den Entwicklungsverlauf und Brutrhythmus hat, ist es besonders wichtig, dass in den Völkern immer hervorragende, junge Königinnen eingesetzt sind. Aus einem starken Wintervolk entsteht normalerweise auch ein starkes Sommervolk . Je stärker ein Volk auswintert, desto mehr Brutzellen zieht es auf und desto steiler ist im Frühjahr die Bienen-Wachstumskurve. Die genaue Antwort darauf werden wir im April bei der Frühjahrskontrolle erhalten und feststellen, welche Völker tatsächlich überlebensfähig sind und - nach dem Schlüpfen von zwei Brutgenerationen- stark genug für das Sammeln der Frühtracht (Obstblüte, Löwenzahn und Raps) sind. Zu berücksichtigen ist ebenso, dass zwischen Auswinterungs- und Frühjahrskontrolle die Bienenpopulation durch Absterben der Winterbienen und noch geringe Jungbienenproduktion sichtbar abgenommen hat. Der Massenwechsel wird sukzessiv abgeschlossen. Im April fängt für uns die richtige Arbeit an, indem mit der Frühjahrskontrolle alle Völker "ausgewintert" werden. Diese Kontrolle werden wir dann durchführen, wenn die Temperatur > 16°C ist, kein starker Wind weht, es nicht regnet und keine Gewitterstimmung herrscht: - Fluglochbeobachtung (Flugbetrieb, Polleneintrag, tote Nymphen oder Bienen, etc...) - Volk behutsam unter Rauchgabe öffnen, nicht das ganze Volk auseinanderreißen, sondern Ziehen der Waben von außen (--> Futterstand?) nach innen nur bis zur ersten Brutwabe, um die Qualität des Brutstandes zu sehen: o Ist erforderlicher Futtervorrat vorhanden? D.h. breite Futterkränze oberhalb der Brutnester plus zwei volle Futter-Randwaben (April-Futterbedarf: ca. 4 bis 5 kg/ Volk) --> Kann Futterwabe von überversorgtem Volk entnommen werden? Bei extremem Futtermangel Futterwaben direkt an das Brutnest zuhängen oder mit Honiglösung 1:1 in kleineren Mengen volksnah (z.B. in Futtertasche) notfüttern o Sind alle Brutzustände vorhanden? o Wie stark ist das Volk? Wie viele Waben sind voll belegt? --> ein starkes 2-räumiges Zander-Volk hat z. B. in der Bodenzarge bei einer Besatzdichte von ca. 50% zwei Brutwaben, in der oberen Zarge bei über 70% Besatzdichte 5 bis 7 Brutwaben ein sehr schwaches 2-räumiges Zander-Volk hat z. B. insgesamt nur 4 Brutwaben bei einer Besatzdichte von nur etwa 30 bis 40% o Ist Einengung/ Erweiterung/ Auflösung erforderlich? [Motto: "Starke Völker stärken, schwache Völker schwächen/ auflösen" ] Weisellose und drohnenbrütige Völker auflösen, d.h. Waben in der Nähe abklopfen bei kümmerlichen, sehr schwachen, jedoch gesunden Völkern (aber ohne geschlossene Brutflächen!) die unzureichende Königin suchen, entfernen und Volk auflösen, ebenfalls Waben in der Nähe abklopfen, die Bienen betteln sich in anderen Völkern ein; Brut- und Futterwaben anderen Völkern zuhängen o Prüfung des Gesundheitszustandes, z. B. auf Brutkrankheiten, Nosema, etc.; dünne Honig- oder Zuckerlösung im Volk verabreicht, kann bei Nosema helfen. o Boden von Gemüll reinigen o 1. Baurahmen in den oberen Brutraum einhängen (auf Position 2) o Ggf. dunkle Waben in der Bodenzarge ersetzen, einschmelzen o Ggf. rechtzeitige Erweiterung starker Völker nur bei gutem Trachtangebot, d.h. über Absperrgitter Aufsetzen eines Magazins mit 3 bis 4 ausgebauten Waben in der Mitte, Rest mit Mittelwänden bestücken o Arbeiten und Bewertungen des Volkes in das Stockbuch eintragen Nachdem sich der Blühbeginn klimabedingt in den letzten Jahren bis zu 2 Wochen deutlich nach vorne verschoben hat, ist in diesem Frühjahr zu hoffen, dass dann das Brutgeschäft bei gutem Flugwetter in vollem Gang ist und nun trotzdem schon genügend Sammelbienen vorhanden sind, um eifrig Pollen und Nektar zu sammeln. Bei starken Völkern kann bei fehlender Pflege schon Ende April Schwarmstimmung aufkommen. Darum wird bei den Mai-Tipps besonders auf die Schwarmverhinderung und Ablegerbildung einzugehen sein. In meinem gezeigten Schaubild wird auf die Jahresplanung/ Terminwahl, d. h. auf die schematische Reihenfolge für die wesentlichen Arbeiten und Kontrollen an den Völkern hingewiesen. Wir, Anfänger wie Fortgeschrittene, können umso gezielter unsere Eingriffe planen, je mehr Entscheidungshilfen wie Tracht- und Wetterprognosen, Entwicklungsstadium der Vegetation und der Völker uns zur Verfügung stehen. In jedem Jahr wird allerdings der Terminplan je nach Vegetationsentwicklung, Witterung und Zustand der Völker etwas anders sein. Da alle Völker nie zum gleichen Zeitpunkt den gleichen Entwicklungsstand erreichen, ist gerade für uns Freizeitimker eine differenziertere Behandlung der Völker zweckmäßig und interessant. Auch wenn die Neuimker*innen die Hauptzielgruppe meiner bis jetzt ziemlich ausführlichen, kochrezeptartigen Monats-Tipps und Hintergrundinformationen sind, würde es mich freuen, wenn auch langjährige, erfahrene Magazinimker angesprochen werden könnten. Gerne möchte ich für kommende (Online-)Veranstaltungen die Diskussion anregen. Viel Erfolg bei allen Aktivitäten wünscht, Hartwin Zechmeister